Vorurteile - Warum Chemie so schwer sein soll

„Chemie hab ich nie kapiert“ ist ein Satz, den man häufig zu hören bekommt, wenn man nach dem Beruf gefragt wird und „Chemielehrer“ antwortet. Eigentlich ist Chemie nicht schwerer als die anderen Hauptfächer. Warum erscheint es dann immer so kompliziert? 

Wie in jedem anderen Fach, muss man in Chemie auch manches lernen. Es gibt beispielsweise die Fachsprache, die man beherrschen muss. Als Erleichterung, gewissermaßen ein Vokabelheft gibt es an vielen Schulen ein Grundwissensheft. Zudem muss man die grundlegenden Modellvorstellungen lernen und verstehen und zwar so, dass man sie auch anwenden kann. Dann muss man beides „nur noch“ konsequent und überlegt anwenden. Aber nur mit guten Kenntnissen ist man in der Lage, sich exakt auszudrücken und präzise zu arbeiten. 

Es genügt aber nicht, nur die theoretischen Kennnisse zu haben, man muss auch immer wieder trainieren, diese auf verschiedene Aufgabenstellungen anzuwenden. Gerade für die Anwendung braucht es Übung, um die Fertigkeiten zu verbessern und schnell und zuverlässig zu einem richtigen und sinnvollen Ergebnis zu gelangen. Es verhält sich also ähnlich wie beim Erwerb von Fremdsprachenkenntnissen oder Mathematikkenntnissen. Man braucht zunächst gute und genaue Kenntnisse der Vokabeln und Grammatik, ehe man eine gute Übersetzung machen kann bzw. man muss die Symbole und Rechenvorschriften kennen, ehe man diese auf die Aufgaben anwenden kann. Eine ungefähre Kenntnis bringt auch in diesen beiden Fällen keine guten Ergebnisse. 

Da für eine Erweiterung der Fähigkeiten stets die alten Kenntnisse und Fertigkeiten benötigt werden, rächt sich nach einiger Zeit eine oberflächliche Kenntnis durch zu geringen häuslichen Aufwand in der Unterrichtsnachbereitung oder eine schlampige Arbeitsweise, da ohne ein stabiles Fundament kein weiterer Aufbau möglich ist. Statt Chemie und des etwas intensiveren Mathematik- bzw. Physikunterichtes im naturwissenschaftlich-mathematischen Zweig müsste man in einem anderen Zweig schließlich für das Lernen der weiteren Fremdsprache oder des Profilfaches ebenfalls einige Zeit aufwenden und schriftliche Hausaufgaben anfertigen. 

Schwerer ist es für die SchülerInnen, der anderen Zweige, die ein Jahr weniger Chemieunterricht zur Vertiefung zur Verfügung haben. Der Stoff ist zwar abgespeckt, aber trotzdem noch ziemlich umfangreich, weil man in einem großen Gebäude nur die nicht-tragenden Teile entfernen kann. Mit vertretbarem Einsatz und einem quailfizierten Chemielehrer ist aber auch das von einem durchschnittlichem Schüler ohne Probleme zu schaffen. In allen Zweigen gilt somit: Wenn man bereit ist, sich auf die Welt der Chemie einzulassen, kontinuierlich etwas für der Erfolg zu tun und einen Lehrer hat, der die Konzepte und Modelle halbwegs anschaulich erklärt, dann sollte dem persönlichen Erfolg und den guten Chemienoten nichts im Wege stehen. 


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